Die Sylbe OM

Die Gita sagt: die Formel OM, TAT, SAT ist die dreifache Definition des Brahman, durch den die Brahmanas, der Veda und die Opfer in alten Zeiten erschaffen wurden und darin liegt ihre ganze Bedeutung. TAT, Jenes, weist auf das Absolute hin, SAT zeigt das Höchste, das universale Sein in seinem Prinzip an. OM ist das Symbol für den dreifachen Brahman: Für den nach außen schauenden, für den inneren oder subtilen und den überbewußten, kausalen Puruscha. Jeder Buchstabe von A U M weist auf eines von diesen in aufsteigener Ordnung hin, und die Silbe als Ganzes bringt den vierten Zustand, Turiya, zum Ausdruck, der sich zum Absoluten emporschwingt. OM ist die Silbe, die zu Beginn der heiligen Handlung ausgesprochen wird, als ein segnendes Vorspiel, als eine Heiligung jeder Handlung des Opfers, über jedem Akt des Spendens und jeden Akt der Askese, eine Erinnerung daran, daß unser Wirken zu einem Ausdruck des dreifachen Göttlichen Wesens in unseren inneren Wesen gemacht und zu ihm in Idee und Motiv hingewandt sein soll. Die Menschen, die nach Befreiung suchen, vollziehen diese Handlungen ohne ein Verlangen nach deren Erfolg, allein mit dem Gedanken, Gefühl, Ananda, für das absolute Göttliche Wesen, das im Hintergrund ihrer Natur wirkt. Das ist es, was sie jetzt durch diese Lauterkeit und Apersonalität in ihrem Wirken suchen: dieses hohe Freisein von allem Begehren, diese weite Leere von allem Ich, diese Erfüllung durch den Geist. SAT bedeutet "gut" und es bedeutet auch "Sein". Diese beiden Dinge, das Prinzip des Guten und das Prinzip der Wirklichkeit, müssen hinter den drei Arten des Wirkens stehen. Alle guten Werke sind sat, denn sie bereiten die Seele auf die höhere Wirklichkeit unseres Wesens vor. Sat ist es, wenn wir ständig im Opfern, im Spenden und in der Askese verharren und wenn all unser Wirken aus diesem zentralen Gesichtspunkt heraus als ein Opfern, Spenden und als Askese getan wird. Denn diese drei Arten des Wirkens legen das Fundament für die höchste Wahrheit unseres Geistes. Und weil sraddha (Glaube) das zentral Prinzip unseres Seins ist, sind all diese Dinge etwas Unrichtiges, wenn sie ohne sraddha getan werden und haben dann keine wahre Bedeutung oder keine wahre Substanz auf Erden oder jensseits davon. Es ist dann keine Wirklichkeit da, eine Macht fortzudauern oder zu erschaffen, weder hier in diesem Leben, noch nach dem sterblichen Leben in den höheren Regionen unseres bewußten Geistes. Der Glaube der Seele, nicht ein nur intellektuelles Fürwahrhalten, sondern der damit übereinstimmende Wille zu erkennen, zu sehen, als wahr zu begreifen und im Einklang mit der Schau und Erkenntnis des Glaubens zu handeln, das ist es, was durch seine Macht das Maß unserer Möglichkeiten zum Werden bestimmt. Dieser Glaube und dieser Wille, die in unserem ganzen inneren und äußeren Selbst, in unserer Natur und in unserem Handeln hingegeben werden an alles, was das Höchste, Göttlichste, Wirklichste und Ewige ist, sie werden uns dazu befähigen, die erhabene Vollkommenheit zu erreichen.

Schri Aurobindo: "Essays über die Gita"

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